Chamer Erklärung veröffentlicht

Chamer Erklärung veröffentlicht

Januar 20, 2022 Uncategorized 2

Auch wir als Bündnis für Toleranz und Menschenrechte im Landkreis Cham haben eine Erklärung erarbeitet, die von 61 Menschen aus allen Bereichen unserer Gesellschaft erstunterzeichnet wurde.

Wir würden uns freuen, wenn ihr auch mitmacht und sie unterschreibt und weiterverbreitet. Die Erklärung findet ihr hier: www.change.org/ChamerErklärung

Das ist der Text der Erklärung:

Liebe Bürgerinnen und Bürger im Landkreis Cham,

es ist eine harte Zeit für uns alle, denn wir alle mussten und müssen uns Gedanken und Sorgen machen, wie wir die Auswirkungen der Pandemie meistern und mit den notwendigen Maßnahmen umgehen können.

Die klare Mehrheit der Bürger:innen in unserem Landkreis nimmt Corona sehr ernst, ist bereits doppelt oder sogar dreifach geimpft und tut alles dafür, dass wir die Pandemie endlich hinter uns lassen können.

Die letzten zwei Jahre haben auch besonders sensible Bereiche in unserer Gesellschaft sichtbar gemacht, die mehr Wertschätzung und finanzielle Unterstützung von staatlicher Seite brauchen. Wir bedanken uns ausdrücklich bei allen, die die Infrastruktur in dieser Zeit aufrechterhalten haben und bei allen Held:innen des Alltags.

Gleichzeitig denken wir an die mehr als 110.000 Menschen bundesweit, fast 20.000 davon in Bayern und mehr als 240 im Landkreis Cham, die an, mit oder wegen Corona gestorben sind und an die, die noch lange mit den Folgen dieser Krankheit kämpfen werden.

Wir sind froh, dass es gelungen ist, wirkungsvolle Impfstoffe herzustellen und betrachten es als Ausdruck von Verantwortungsbewusstsein und Solidarität, sich impfen zu lassen, um sich und andere zu schützen.

Wir haben Verständnis dafür, dass viele um ihre Freiheitsrechte und ihre wirtschaftliche Existenz besorgt sind oder Angst vor der Impfung haben und deshalb ihre Meinung kundtun. Aber das Recht auf individuelle Freiheit findet unter der Geltung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung seine Grenze bei der Notwendigkeit des Schutzes anderer, besonders verwundbarer, älterer, kranker und pflegebedürftiger Menschen.

Aus diesem Grund rufen wir alle „Spaziergänger:innen“ auf, sich nicht von Gegnern und Feinden unserer freiheitlichen Demokratie missbrauchen zu lassen. Unsere Städte sollen nicht Treffpunkt von Coronaleugner:innen, Anhänger:innen von Verschwörungstheorien und rechtsradikalen Gruppierungen werden.

Wir rufen die große Mehrheit in unserem Landkreis Cham, die sich solidarisch verhält, dazu auf, diese Erklärung zu unterschreiben, weiterzutragen und damit ein Zeichen zu setzen für Demokratie und Zusammenhalt! Nur ein soziales Miteinander macht uns stark!

Bündnis für Toleranz und Menschenrechte im Landkreis Cham / Cham gegen Rechts

Cham, im Januar 2022

2 Antworten

  1. Florian Fischer sagt:

    Stellungnahme zur Chamer Erklärung

    Ich bin Florian Fischer, überzeugtes Mitglied der Linken, sorgenvoller Beobachter der akt. Politik, insb. der der sozialen Ungleichheit und der sich anbahnenden Spaltung unserer Gesellschaft, nicht nur in die Lager Arm und Reich, sondern auch in Geimpft und Ungeimpft.
    Ich möchte im Folgenden erklären, warum ich die Chamer Erklärung nicht unterzeichne. Dabei liegte es mir fern irgendjemanden bloßzustellen oder schlechte Absichten zu unterstellen. Es ist meine akt. Position, auch daran zu erkennen, wie viele der folgenden Sätze mit “ich” beginnen werden.

    Zitat: „Wir haben Verständnis dafür, dass viele um ihre Freiheitsrechte und ihre wirtschaftliche Existenz besorgt sind oder Angst vor der Impfung haben und deshalb ihre Meinung kundtun. Aber das Recht auf individuelle Freiheit findet unter der Geltung des Grundgesetzes und der Bayerischen Verfassung seine Grenze bei der Notwendigkeit des Schutzes anderer, besonders verwundbarer, älterer, kranker und pflegebedürftiger Menschen.“

    Auch wenn ich überzeugt bin, dass es nicht die Intention der Verfasser*innen war, diesen Eindruck zu erwecken, lese ich den ersten Satz so, dass die besagten “viele[n]” nur deshalb “ihre Meinung kundtun”, weil sie “Angst” haben. Ich ärgere mich darüber, weil ich glaube, dass man Angst nicht “verstehen” kann, wie die Verfasser*innen schreiben. Ich würde mir wünschen, dass man danach sucht, die unerfüllten Bedürfnisse hinter dieser Angst besser zu verstehen und dieses Verständnis klarer ausdrückt. Wäre ich verängstigt und man würde mir, weil es so im Gesetz stehe, verbieten meine Angst zu äußern, würde dies meine Angst nur verstärken.

    Zitat: „Aus diesem Grund rufen wir alle „Spaziergänger:innen“ auf, sich nicht von Gegnern und Feinden unserer freiheitlichen Demokratie missbrauchen zu lassen. Unsere Städte sollen nicht Treffpunkt von Coronaleugner:innen, Anhänger:innen von Verschwörungstheorien und rechtsradikalen Gruppierungen werden.“

    Hier wird in der Tat eine brisante Problematik angesprochen. Es ist ein Dilemma, das viele politische Bewegungen haben: Wie verhindert man von unerwünschten politischen Akteuren unterwandert bzw. gekapert zu werden? Was mich an der Formulierung jedoch stört, ist, dass man den “Spaziergänger:innen” vorwirft, sich “missbrauchen” zu lassen. Wäre ich ein Mitglied dieser Bewegung, würde ich mich hierdurch wohl weniger “verstanden” als “provoziert” fühlen, was verhindern würde, dass ich mich emotional mit den Sorgen und Bedürfnissen der Verfasser*innen verbinde.

    Zitat: „Wir rufen die große Mehrheit in unserem Landkreis Cham, die sich solidarisch verhält, dazu auf, diese Erklärung zu unterschreiben, weiterzutragen und damit ein Zeichen zu setzen für Demokratie und Zusammenhalt! Nur ein soziales Miteinander macht uns stark!“

    Ich lese den ersten Satz so, dass nur derjenige oder diejenige solidarisch sei, der oder die die Erklärung unterschreibt. Für mich bedeutet Solidarität mehr als nur hörig der Meinung der Mehrheit zu folgen. Für mich ist Solidarität, für die Werte anderer, die mir wichtig sind, einzutreten. Damit halte ich sowohl die “Spaziergänger:innen”, als auch die Unterzeichner*innen der Petition auf ihre Weise für solidarisch.
    Ich sehe das “Recht auf Demonstration” (Recht auf Versammlung und auf freie Meinungsäußerung) als ein wichtiges Instrument der Demokratie an. Nach meinem Verständnis handeln die “Spaziergänger:innen” nicht verfassungswidrig, sondern im Sinne der Demokratie, solange sie sich friedlich verhalten und nicht die Abschaffung der Demokratie, des Staates o.Ä. fordern.

    Es ist also mehr die Wortwahl, denn der Inhalt, der mich davon abhält zu unterschreiben. Daneben gibt es aber noch mehr, was ich dazu sagen möchte:
    Bei der Petition ist nicht sichergestellt, dass nur Chamer*innen bzw. Bewohner*innen des Landkreises Cham unterzeichnen können. Dies mindert die politische Aussagekraft der Stimmenzahl.
    Zudem möchte ich noch aus dem Kommentar meiner Partei, der Linken, zum Jahresbericht des Petitionsausschusses 2021 (S. 74ff) zitieren: “Der [Petitions-]Ausschuss hält es immer seltener für geboten, Petitionen als Anregung für parlamentarische Initiativen den Fraktionen zur Kenntnis zu geben. Das war lediglich bei 0,27 Prozent der Petitionen der Fall[.]”
    Ich halte Petitionen für ein fantastisches Konzept, um den Bürgern die Möglichkeit zur Initiative zu geben. In unserem derzeitigen politischen System sind sie meines Erachtens nach aber zu einer “Beschäftigungstherapie für die Wähler*innen” verkommen. Das heißt aber nicht, dass ich nun dazu rate auf Petitionen zu verzichten und den Kopf in den Sand zu stecken. Eine Lösung kann ich nicht anbieten, hoffe aber auf kreative Ideen und engagierte Genossinnen und Genossen für eine bürgernahe Demokratie.

    Zuletzt möchte ich eine Bitte vorbringen: Verbinden Sie sich mit Ihrem empathischen selbst. Gehen Sie in sich und finden Sie die Gefühle, die Sie gerade beschäftigen. Finden Sie heraus, woher diese Gefühle kommen. Welche Ihrer Bedürfnisse erfüllt oder unerfüllt sind. Erkennen Sie, dass auch die “andere Seite” von Gefühlen und unerfüllten Bedürfnissen angetrieben wird. Treten Sie in Dialog. Wer weiß, vielleicht sind Sie auch bald Spaziergänger*in oder aber Sie werben der Bewegung Mitglieder ab. Letztlich wird es Ihnen aber nur im Dialog gelingen, davon bin ich überzeugt.

    • ChamGegenRechts sagt:

      Hallo Florian,

      danke für deinen Kommentar, den ich gern beantworten möchte:

      Zum Zitat 1: Der Satz ist so gemeint, dass viele ihre Meinung kundtun, weil sie entweder Angst vor der Impfung haben oder weil sie um ihre wirtschaftliche Existenz oder ihre Freiheitsrechte besorgt sind – also schon aus allen 3 Gründen. Aber es war zB zu keiner Zeit während der Pademie verboten Kundgebungen durchzuführen, halt nur unter Auflagen wie Masken, Abstände und ggf mit Teilnehmer*innenbegrenzung. Und unsere Aufforderung in diesem Punkt, ist genau das einzuhalten, damit sich nicht noch mehr Menschen anstecken und die Pandemie immer weiter geht.

      Zum Zitat 2: Wir sehen es leider bei fast allen „Spaziergängen“ in unserem Landkreis und auch bei früheren Demos, dass Coronaleugner*innen, Verschwörungshteoretiker:innen, AfD und oft auch der III. Weg mit dazu aufrufen und auch mitlaufen und natürlich versuchen, auch ihre Hetze zu verbreiten. Das wird nach unserem Eindruck von den Mitspazierenden mindestens tolleriert, wenn nicht sogar akzeptiert und das kritisieren wir.

      Zum Zitat 3: Die „Spaziergänge“ sind ja gerade keine Versammlungen und wollen es auch keine sein, weil sie bewußt nicht angemeldet werden, niemand Versammlungsleiter sein will und sie sich an keine damit verbundenen Auflagen wie Masken oder Abstände halten wollen. Und das empfinden wir als unsolidarisch gegenüber allen, die noch mehr als andere darunter leiden, wenn die Pandemie immer weiter geht und Maßnahmen vielleicht wieder verschärft werden müssen – Menschen, die sich nicht impfen lassen können, Ältere, Pflegekräfte, Gastronomie, Kunst, Kultur, Schüler*innen usw.

      Und die Pademie läuft ja schon eine Weile und wir versuchen natürlich immer wieder den Dialog. Aber es ist uns bisher leider noch nicht gelungen, Verständnis zu erzeugen – für Impfung, für zumindest die grobe Richtung der Maßnahmen und das man auch selbst etwas dafür tun kann und tun muss um die Verbreitung des Virus zu vermeiden. Wir hören dann leider nur: „Diktatur“, gefährliche und nicht zulässige Analogien wie „Rassismus“ und antisemitische Stereotype.

      Können wir uns damit etwas verständlicher bei dir machen?
      Und ich selbst werde bestimmt nicht zum „Spaziergänger“, aber ich kann mir gut vorstellen, zum Beispiel für mehr Geld und Personal für Krankenhäuser, für mehr PCR-Test-Kapazitäten und für eine Abschaffung der Impfpatente zu demonstrieren – oder auch für Unterstützung der oben angesprochenen Gruppen (Kunst, Kultur usw.). Das wären aus meiner Sicht die eigentlich relevanten Punkte und nicht, dass es eine Diktatur ist, wenn ich mich impfen lasse um nicht an einem Virus zu sterben oder eine Maske trage um mich vor der Ansteckung zu schützen.

      Viele Grüße
      Christian

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