Kundgebung zum Tag der Menschenrechte

Kundgebung zum Tag der Menschenrechte

Dezember 3, 2023 Uncategorized 0

Menschenrechte für gute Arbeit und gesellschaftliche Vielfalt ohne Diskriminierung betont

Zum 75. Jahrestag der Menschenrechtserklärung der UNO von 1948 kamen wieder eine Reihe engagierter Menschen am Sonntag, 10. Dezember, zur Kundgebung am Platz der Menschlichkeit (neben dem Spitalplatz) in Cham zusammen. Für das Bündniss für Toleranz und Menschenrechte im Landkreis wies Achim Deufel einleitend darauf hin, dass es in den 30 Artikeln um die Grundrechte aller Menschen im Leben, für gute Arbeit und gesellschaftliche Vielfalt ohne Diskriminierung und die Verpflichtungen aller Staaten und Institutionen geht, auch hier im Landkreis.

Marian Janka (DGB Cham) berichtete von den Erfahrungen im Betriebsräte-Netzwerk des DGB Cham und bezog sich auf die Art. 23+24 der Menschenrechtserklärung: „Zum Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen gehören auch Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und eine Entlohnung für eine menschenwürdige Existenz, Arbeitszeit begrenzen und Erholung Freizeit.“ Er kritisierte die völlig einseitige Empfehlung der Mindestlohn-Kommission (gegen die Stimmen der Gewerkschaften) und betonte: „Wir brauchen gerade hier im Landkreis nicht nur anständige Mindestlöhne in jedem Betrieb, sondern auch tarifvertragliche Bindungen, d. h. erst recht auch Tariftreue bei der Vergabe öffentlicher Aufträge durch die Kommunen und den Staat.“ Gewerkschaften haben sich zum Schutz der Beschäftigten gebildet. Eine Aussage von Unternehmern wie „Ich bin der Betriebsrat!“ widersprechen auch der Europäischen Grundrechte- und der Sozial-Charta. Darin ist z. B. das „Recht auf Beteiligung … zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Unternehmen“ garantiert. „Gute Arbeit mit guten Tarifverträgen und aktiven Betriebsräten sind auch gut für die Produktivität im Unternehmen. Das brauchen wir auch im Landkreis, auch um später gute Renten zu bekommen.“, so resümierte Janka auch mit Blick auf renommierte Studien.

Manfred (jüdischer Mitbürger in Cham) schrieb u. a. „Nachdem ich vor wenigen Wochen eine Morddrohung erhalten habe, wusste ich, jetzt ist auch Cham betroffen. Der ruhige beschauliche Landkreis in dem die Welt noch in Ordnung zu sein schien. In Deutschland gibt es weiterhin Antisemitismus, auch wenn er sich noch nicht wieder in diesem unfassbaren Hass und dieser Gewalt äußert wie bei dem Angriff der Hamas am 7. Oktober auf jüdische Menschen in Israel. Aber es trifft nicht nur die Menschen in Israel. Es gibt nicht nur die Hamas … Die Zivilbevölkerung ist immer die Leidende, wenn eine Gruppe von Idioten versucht Krieg oder Terror zu machen.  Keine Gewalt ist legitim. Und ob die Gewalt des sich Wehrens legitim ist, ist ebenso zu hinterfragen. Was würdest du tun, bekämst du einen solchen Brief? Nachdem ich den Brief erhalten habe, wurde mir von so vielen Seiten Hilfe angeboten. Das ist Menschlichkeit. Mitzufühlen. Ich möchte noch mehr in Schulklassen und Vereine gehen um über mein jüdisch sein aufzuklären. Ich appelliere an alle, sich für Menschlichkeit zu engagieren und zu helfen, wo immer es geht. Meine Arabischen Freunde im Westjordanland, in Israel und anderswo auf diesem Planeten werden sich freuen, dass es immer mehr werden, denen Religionszugehörigkeit egal ist. Dankbarkeit gegenüber allen, die mir beigestanden haben und sich engagieren für Gerechtigkeit und Frieden. Mit Menschlichkeit und Nächstenliebe grüße ich euch in Abwesenheit von unserer Chanukka Party in unserer Synagoge in München. Frieden und einen freudigen Chanukka Feiertag.“

Hannah (Schülerin): „Als dieses Jahr zum ersten Mal der Christopher Street Day in Cham gefeiert wurde, wurde unter meinen Klassenkameraden rege diskutiert. Was hat denn jemandes sexuelle Orientierung mit einem bestimmten alternativen Kleidungsstil zu tun? Für viele Menschen sind Queersein und „Andersartigkeit“ untrennbar miteinander verbunden. Beides stempelt einen zum Außenseiter, zur Minderheit. Und auf Toleranz und respektvollen Umgang von Seiten der – vermeintlichen – „Mehrheit“ hofft diese Minderheit oft vergeblich. Wenn man versucht, mit Menschen darüber zu sprechen, stößt man schnell auf Unverständnis. Es ist noch immer eine weit verbreitete Meinung, dass queere Menschen selbst schuld an ihrer Diskriminierung sind – wenn wir uns eben nicht so aufdrängen würden, und aufhören würden, unsere Identität anderen „unter die Nase zu reiben“, dann hätte doch schon längst niemand mehr ein Problem mit uns. Doch das ist schlicht und einfach falsch. Bisexuellen oder lesbischen Mädchen wird in der Umkleidekabine sicherheitshalber der Rücken zugedreht. Outet sich ein Junge als schwul, wird ihm damit seine Männlichkeit abgesprochen. Artikel 1 der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen, die Teil unseres Grundgesetzes ist, sagt: „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen.“ Solange Menschen aufgrund ihrer Religion, Herkunft, ihres Aussehens, ihrer sexuellen Identität oder weil sie in irgendeiner anderen Weise „anders“ sind nicht mit Toleranz und Respekt behandelt werden, sind diese Rechte nicht vollständig umgesetzt. Auch kleine Schritte bringen uns auf dem Weg weiter. Und ja, wir brauchen den Christopher Street Day. Als einen Ort, um sich ausleben zu können, um Erlebnisse zu vergleichen und sich wohlzufühlen. Und um der Welt zu zeigen: Wir sind hier.“

Mit „How are you?“ wies Fanny (Lehrerin) auf eine hochaktuelle Studie  zum Leben queerer jungen Menschen in Bayern hin: „Fast 94 % der 14-27 Jährigen haben mindestens einmal Diskriminierung erlebt. Das sind alamierende Zahlen. Die Schule ist laut der Studie der Ort, an dem am meisten Diskriminierung stattfindet – gleichzeitig gibt es zu wenig Hilfsangebote und AnsprechpartnerInnen für queere SchülerInnen – gerade hier bei uns auf dem Land. Beispiel: Lehrer, der im Unterricht davon erzählt, dass er Angst hat, dass sein Sohn schwul wird, wenn er sich als Vater in Elternzeit begeben hat und wenn sich ein Vater zu sehr um seinen Sohn kümmert, könnte dieser schwul werden. Hätten alle schwulen Männer eine gestörte Beziehung zum Vater und wären aus diesem Grund zum eigenen Geschlecht hingezogen? Queersein wird wird  in der Schule nicht thematisiert – in Schulbüchern ist in der Regel oft die traditionelle Kernfamilie – oder als Exot auch mal die Patchworkfamilie. Antidiskriminierungsstellen müssen ausgebaut werden.“

Christian Oberthür, Bündnis: „Seit der Verabschiedung der Menschenrechtserklärung der UN-Generalversammlung am 10.12.1948 gab es viele Verstöße, aber auch positive Fortschritte. Positiv ist aktuell das Lieferketten-Gesetz, ist aber erst nur das 1. Glied in der Kette, das erste Mindeststandards setzt, s. siehe BMW und Cobalt in Marokko. Was kann ich tun? Fair einkaufen, z. B. im WeltLaden in Cham. Es braucht faire Bedingungen für Arbeiterinnen z. B. in Asien. Aber um fair Handeln zu können brauchen Menschen auch hier fairen Umgang und existenzsichernde Versorgung. Das heißt keine Abstriche beim BürgerGeld, keine Kinder- und Altersarmut und eine anständige Versorgung in Krankenhäusern und Pflegeheimen, keine Mangelernährung. Früher „Satt und Sauber“, heute reicht’s nicht mal dazu. Deshalb solidarische Beteiligung der gesamten Gesellschaft, Stärkung des Gemeinwohls. Menschenrechte sind Leitplanken unseres Handelns, auch im Kampf gegen Rechts. Stark machen gegen die, die gegen Minderheiten hetzen. Offenen Verstoß gegen Menschenrechte dulden wir nicht. Wir stehen für eine Gesellschaft der Vielfalt und Toleranz.“ Abschließend lud er nochmals zum kulturellen Weihnachtsmarkt am 16./17. Dez. im CHA13, Ludwigstraße in Cham ein.

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